Kirschpflaumen: Die wilden Vorfahren unserer Pflaumen

Gelbe Kirschpflaumen am Ast

Im Juli findet man vielerorts jede Menge Kirschpflaumen. Wissenswertes über die Urform der Kultur-Pflaume, wie das Wildobst schmeckt und sich in der Küche verwenden lässt, Tipps zur Ernte und beliebte Zierformen wie die Blutpflaume für den Garten, das und mehr in diesem Beitrag.

In manchen Ortschaften liegen im Juli an vielen Straßen- und Wegesrändern auffällige runde Früchte, die bereits von Weitem unter den Obstbäumen gelb oder rot leuchten. Sobald der Wind an den Bäumen rüttelt, poltern auch schon wieder zwei, drei neue gelbe Früchte wie kleine Bälle von den Ästen herunter. Unten angekommen hüpfen sie über den Boden oder kullern an steilen Standorten die Straße abwärts. Wer die bunten Kugeln zum ersten Mal sieht, fragt sich, was das wohl für Früchte sein könnten, die ihm zu mehreren Dutzend über den Weg rollen. Aufgrund des Aussehens halten viele die allgemein wenig bekannten Früchte für Mirabellen. Tatsächlich handelt es sich aber um Kirschpflaumen (Prunus cerasifera), aus denen man unsere heutige Kultur-Pflaume gezüchtet hat.

Kirschpflaumen gibt es mit gelben und roten Früchten

Die Kirschpflaume kam vor der Pflaume, Zwetschge, Reneklode & Mirabelle

Ohne die Kirschpflaume gäbe es die vielen beliebten Pflaumen-Arten wie Kultur-Pflaume, Zwetschge, Reneklode oder die Mirabellen heute gar nicht. Die Pflaume (Prunus domestica) ist ein Hybrid, die aus einer Kreuzung zwischen Kirschpflaume und Schlehe (Prunus spinosa) entstand. Viele Eigenschaften wie z. B. ihre Fruchtgröße, Fruchtfleischkonsistenz oder Standortansprüche erhielten die Pflaumen von der Kirschpflaume. Ihre typisch blaue Farbe hat ihnen die Schlehe verliehen. Doch manchmal sorgt die Kirschpflaume aus einem bestimmten Grund für eine Überraschung in einigen Gärten und Obstbau-Gebieten.

Schlehe
Die Schlehe hat der Pflaume ihre typische Farbe verliehen

Wie aus einem alten Pflaumenbaum eine Kirschpflaume wird

Für viele alte Pflaumen-Sorten dienten früher Kirschpflaumen als Veredlungsunterlage. Die Kirschpflaumen-Unterlage hatte allerdings ein paar Nachteile, weshalb man heute bei neueren Sorten vermehrt auf andere Unterlagen zurückgreift. Die damaligen Unterlagen waren sehr starkwüchsig, sodass die Bäume alter Pflaumen-Sorten meist ziemlich groß werden und einige Jahre vergehen müssen, bis man die ersten Früchte ernten kann. Dazu bilden Kirschpflaumen oft Ausläufer. Diese sind die Ursache, warum sich manchmal Gärtner wundern, woher all die Kirschpflaumen auf einmal in ihrem Garten herkommen. Vielen sind die Früchte unbekannt und rätseln, um was es sich für ein Obst eigentlich handelt. Schließlich haben sie diese neue Obstsorte nie gepflanzt. Wurde im Garten ein alter Pflaumenbaum gefällt, kommt es ebenfalls vor, dass aus seiner übrig gebliebenen Unterlage die wilden Kirschpflaumen austreiben und viele Jahre später Früchte tragen.

Der Unterschied zwischen Kirschpflaume und Mirabelle

Mirabellen sind bei voller Reife sattgelb bis leicht orange und teilweise mit roten Punkten gesprenkelt. Rote Mirabellen gibt es hingegen nicht, auch wenn die Kirschpflaume gerne als „Rote Mirabelle“ bezeichnet wird. Im Unterschied zu den Kirschpflaumen lässt sich der Steinkern bei Mirabellen viel leichter lösen. Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal gibt es bei den Blättern. Das Laub der Kirschpflaume fühlt sich im Vergleich zu den Blättern von Pflaumen oder Mirabellen papierartig an.

Kirschpflaumen reifen heran.

Auf alten Streuobstwiesen oder in Gegenden, in denen früher einmal Pflaumen angebaut wurden, findet man oft überall Kirschpflaumen in vielen Varianten. Sobald ein Anbau-Gebiet aufgegeben wird und man die Obstbäume längere Zeit sich selbst überlässt, setzt sich irgendwann die stärkere Unterlage wieder durch und schlägt aus. So werden die ehemaligen Pflaumenbäume eines Tages von den wilden Kirschpflaumen abgelöst, die sich unter anderem mithilfe von Ausläufern im Ort vermehren.

Früher eine Kulturpflanze aus Kleinasien – heute vielerorts verwildert

Verwilderte Kirschpflaume mit roten Früchten.

Ursprünglich kommt die Kirschpflaume aus dem Balkan sowie aus Klein- und Mittelasien. Die Römer brachten sie nach Deutschland, wo sie lange Zeit als Obst angebaut wurde. Nachdem die verschiedenen Pflaumen-Arten den Markt eroberten, gerieten sie als Kultur-Obst irgendwann in Vergessenheit. Heute findet man sie vielerorts verwildert in Obstanbau-Gebieten, auf alten Obstwiesen, an Straßen-, Weg- und Waldrändern oder in der Nähe von Bächen. Seitdem Wildobst im Trend liegt, machen sich jedoch immer wieder Leute auf die Suche nach den wilden Vorfahren der Pflaumen, um sie zu ernten. Aber wie schmeckt die Kirschpflaume eigentlich? Und wie kann man die Früchte in der Küche verwenden?

Kirschpflaumen: Mal fad oder sauer, mit Glück süß und lecker

Ab Juli werden die Kirschpflaumen reif, von denen man einige Sorten sogar schon im Juni ernten kann. Bei voller Reife färben sich die Früchte je nach Sorte gelb, kirschrot oder blau-violett. Was den Geschmack betrifft, sind Kirschpflaumen sehr verschieden. Obwohl die bunten Früchte so lecker aussehen und zum Naschen einladen, schmecken sie doch meist wässrig und eher fad. Wenn Kirschpflaumen reif sind, neigen sie dazu, schnell mehlig zu werden. Manchmal können sie sogar ziemlich sauer sein. Wer jedoch Glück hat, findet hin und wieder sehr schmackhafte und aromatische Kirschpflaumen, die wunderbar süßlich schmecken. Vor der Ernte lohnt es sich daher, alle Sorten erst einmal durchzuprobieren.

Gelbe Kirschpflaume

Hat man einen Baum oder sogar mehrere mit leckeren Kirschpflaumen gefunden, lässt sich die Wildobst-Ernte in der Küche vielseitig verwenden. Die Früchte können z. B. zu süß-säuerlicher Marmelade, Kompott, Saft, Wein und Fruchtleder verarbeitet werden. Kirschpflaumen kennt man auch als Türkenkirsche oder türkische Kirsche. Auf türkischen Obst-und Gemüsemärkten werden oft unreife, grün geerntete Kirschpflaumen als Can Erik angeboten. Da die saftig grünen Kirschpflaumen noch unreif sind, haben sie einen sauren und herben Geschmack. In der Türkei isst man sie meist roh. Wem das zu sauer ist, kann die grünen Kirschpflaumen auch zu einem schmackhaften süß-säuerlichen Kompott weiterverarbeiten.

Botanik Guide Tipp

Kirschpflaumen leichter entkernen
Wie bei vielen wilden Steinobst-Arten, lässt sich auch bei Kirschpflaumen der Kern schwer vom Fruchtfleisch lösen. Einfacher geht es mit einem Kirschentkerner. Wer viele der Früchte zum Weiterverarbeiten entkernen möchte, kann sie zunächst etwa 10-15 Minuten kochen. Anschließend kann man das Mus durch ein Sieb streichen. Auf diese Weise können größere Mengen an Kirschpflaumen schneller und leichter entkernt werden.

Unreife Kirschpflaumen Can Erik
Unreife Kirschpflaumen (Can Erik)

Weiße Blütenpracht in der Landschaft

Wenn der Frühling mit der Obstblüte seine weiße Blütenpracht übers Land bringt, machen die Kirschpflaumen den Anfang. Neben der Mandel und Schlehe gehören sie zu den ersten Obstgehölzen, die im März ihre Blüten öffnen. In Orten, wo die Kirschpflaume weit verbreitet ist, schmücken dann überall weiße Blütenwolken die Obstwiesen und Feldhecken oder säumen den Straßenrand. Für Insekten wie Bienen und Hummeln, die meist schon recht früh im Jahr unterwegs sind, ist die Kirschpflaumen-Blüte eine wichtige Nahrungsquelle.

Blüte der Blutpflaume
Blüte der Blutpflaume / Sorte ‚Hollywood‘

Kirsch- und rotblättrige Blutpflaumen als Hausbaum

Im Obstbau finden Kirschpflaumen schon lange keine Verwendung mehr. Da sie jedoch sehr anspruchslos und pflegeleicht sind, pflanzt man sie heute hauptsächlich wegen ihrer hübschen Blüte in vielen Gärten als Zierbaum. Meist handelt es sich dabei um rotblättrige Varianten der Kirschpflaume. Diese sogenannten Blutpflaumen (Prunus cerasifera ‚Nigra‘) haben durch ihr dunkelrotes Laub einen hohen Zierwert und sind deshalb bei Gärtnern sehr beliebt. In Parks findet man sie ebenfalls häufig, da sich die Bäume als stadtklimafest und hitzetolerante bewährt haben. Da Kirschpflaumen mit einer Höhe von fünf bis acht Metern nicht so groß werden, passen sie auch ideal in kleinere Hausgärten. Anders als die Urform blühen Blutpflaumen in Rosa anstelle von Weiß. Die kirschroten Früchte sind ebenfalls essbar, aber oft kleiner. Sie können als Wildobst verwendet und z. B. zu Marmelade verarbeitet werden.

Am weitesten in den Gärten verbreitet ist die Blutpflaumen-Sorte ‚Nigra‘, die um 1916 in den USA entstand. Das Laub dieser Sorte ist dunkel bis fast schwarz-rot und behält seine Färbung bis zum Herbst. Eine ebenfalls beliebte Blutpflaume ist die Sorte ‚Atropurpurea‘. Sie wurde um etwa 1880 aus Persien nach Frankreich gebracht und ziert heute auch hierzulande die Gärten und Grünanlagen. Ihre Blüten sind weiß mit einem nur sehr schwachen Rosaton. Während des Sommers verlieren die rotbraunen Blätter oft an Farbintensität und vergrünen teilweise bis zum Herbst.

Warum vergrünt die Blutpflaume?

Blutpflaumen

Hin und wieder kann man beobachten, dass die dunkelroten Blätter der Blutpflaume im Laufe des Sommers deutlich verblassen bzw. grüner werden. Woran liegt das? Das Phänomen tritt meist bei älteren Sorten der Blutpflaume auf. Wie stark die rote Farbe der Blätter ausgeprägt ist, hängt neben der Sorte auch vom Standort ab. Bei Blutpflaumen an sonnigen Plätzen ist die Färbung intensiver als bei denen, die im Schatten wachsen. Verregnete Sommer oder stickstoffhaltige Böden lassen das Laub ebenso vergrünen. Neuere Züchtungen der Blutpflaume vergrünen hingegen weniger und leuchten auch noch im späten Sommer intensiv rot.

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