Wilder Wein im Porträt: Eine grüne Wand voller Leben

Wilder Wein Früchte Herbst

Der Wilde Wein gehört mit seinem wundervollen Herbstlaub zu den beliebtesten Kletterpflanzen. Wissenswertes über den Kletterkünstler und über seine Kulturgeschichte, wie er als Fassadenbegrünung zum Artenreichtum in Gärten beiträgt und das Stadtklima verbessert, die besten Sorten und an welchen Gebäuden man ihn problemlos anpflanzen kann, das und mehr in diesem Beitrag auf Botanik Guide.

Im Herbst bringt der Wilde Wein mit seinem roten Laub wildromantisch anmutende Gebäude, alte Mauern in den Hinterhöfen und die Zäune entlang der Straßen zum Leuchten. Fast jeder hat die farbenprächtige Kletterpflanze schon einmal in Gärten oder beim Spaziergang durch die Stadt gesehen. Mit jeder Oktoberwoche werden die Farbverläufe des Wilden Weins immer spektakulärer. Die anfangs grün-gelben Wände färben sich langsam orange und beginnen in einem intensiven Rot zu leuchten. Seine breite Farbpalette reicht von Gelb, Orange-, Kupfer-, Scharlach- bis hin zu Dunkelrot. Einige seiner gelben Blätter haben sogar auffällig purpurne oder pinkfarbene Spitzen. Das leuchtende Laub des Wilden Weins wird daher neben Kastanien und Eicheln gerne gesammelt und als herbstliche Tischdekoration verwendet.

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Getrocknete Blätter vom Wilden Wein zum Basteln & Dekorieren
Manche kennen den Wilden Wein vielleicht noch aus Kindheitstagen, als sie im Herbst bunte Blätter zum Basteln gesammelt haben. Das leuchtende Laub des Wilden Weins war dabei mit seinen einzigartigen Farbverläufen meist am schönsten und daher besonders beliebt. Die Blätter lassen sich ganz einfach trocknen, indem man sie zwischen Löschpapier oder Küchentüchern für ein paar Tage in ein schweres Buch legt. Danach können die getrockneten Blätter als schöne Herbstdekoration verwendet werden.

Der Kletterkünstler ist hierzulande als Wand- oder Mauerbegrünung weit verbreitet und unter vielen Namen bekannt, wie Jungfernrebe, Mauerkatze, Mauerwein, Dreilappige Zaunrebe oder Veitschrebe. Wegen seines Namens und der Ähnlichkeit zur Weinrebe halten viele den Wilden Wein (Parthenocissus) irrtümlicherweise für die Wildform der Tafeltrauben (Vitis vinifera subsp. vinifera). Beide Pflanzenarten sind zwar eng miteinander verwandt, gehören aber zu zwei unterschiedlichen Gattungen.

Doch nicht nur hier kommt es allgemein zu Verwechslungen. Wenn vom Wilden Wein die Rede ist, wird häufig angenommen, dass es sich dabei nur um den einen „Wilden Wein“ handeln kann. Tatsächlich gibt es aber 13 Arten von Jungfernreben, die alle unter der Bezeichnung „Wilder Wein“ bekannt sind.

Schaut man sich bei einem Herbstspaziergang das bunte Laub von mehreren Exemplaren näher an, fallen die verschiedenen Blattformen auf. So kann z. B. der Wilde Wein an der Häuserwand dreilappige Blätter haben, während der andere von der nächsten Mauer fünfteilige besitzt.

In Deutschland sind in den Gärten und Parks nur die zwei folgenden Arten häufig zu finden:

  • Dreilappige Jungfernrebe (Parthenocissus tricuspidata)
  • Selbstkletternde Jungfernrebe (Parthenocissus quinquefolia)

Dreilappige Jungfernrebe – Ein Klassiker der Fassadenbegrünung

Am bekanntesten unter den Wilden Weinen ist die Dreilappige Jungfernrebe (Parthenocissus tricuspidata). Ihr Hauptmerkmal sind die rundlichen Blätter mit den typischen drei Spitzen, weshalb man sie auch Dreispitzige Jungfernrebe nennt. Sie ist in Städten, Gärten und Parks am häufigsten zu finden und verleiht vielen historischen Häusern einen einzigartigen Charme.

Die Fassaden schmückt dieser Wilde Wein in unseren Breiten allerdings erst seit etwa Mitte des 19. Jahrhunderts. Ursprünglich stammt die beliebte Kletterpflanze aus den Bergwäldern Ostasiens. Der britische Pflanzensammler John Gould Veitch war es, der den dekorativen Wilden Wein auf seiner Japanreise im Jahre 1860 entdeckte und nach England brachte. Von da an kam die neue Kletterpflanze durch die berühmte Gärtnerei Veitch and Sons in den Handel und wurde mit seinem hübschen Laub direkt zum Verkaufsschlager. Nur kurze Zeit später, erfreute sich der Kletterkünstler auch in anderen Ländern Europas großer Beliebtheit. Wo man einst den Efeu zur Wandbegrünung pflanzte, wurde nun der Wilde Wein mit seinem feuerroten Herbstlaub populär.

Historisches aus der Gartenwelt

Früher hieß der Wilde Wein anders
Blättert man in historischen Gartenkatalogen, sieht man, dass der Wilde Wein unter dem lateinischen Namen „Ampelopsis veitchii“ angeboten wird. Erst später gaben Botaniker ihm die neue Bezeichnung „Parthenocissus“, unter der er heute als Sorte ‚Veitchii‘ verkauft wird.

Über die berühmte Gärtnerei Veitch and Sons
Das britische Familienunternehmen Veitch and Sons war im 19. Jahrhundert die größte Gärtnerei und Baumschule Europas. In der Zeit von 1840 bis 1910 machten sich 22 Pflanzenjäger der Baumschule in fernen Ländern auf die Suche nach außergewöhnlichen und exotischen Pflanzen. Insgesamt brachte die Gärtnerei bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs 1.281 neue Pflanzenarten in die Kultur. Mehr zur Firmengeschichte unter diesem Link

Wie der Efeu benötigt auch die Dreilappige Jungfernrebe keine Kletterhilfe. Innerhalb weniger Jahre erklimmt sie Zäune, Mauern und bis zu 20 Meter hohe Wände von ganz alleine. Dabei verlässt sich die Pflanze auf ihre Haftscheiben, die ihr beim Klettern selbst auf glatten Oberflächen festen Halt geben.

Die Dreilappige Jungfernrebe eignet sich besonders gut zum Begrünen von breiten Flächen, da sie im Gegensatz zu anderen Jungfernreben-Arten tendenziell mehr in die Horizontale wächst. Hoch hinaus will der Kletterkünstler dennoch. Geht es nach oben allerdings nicht mehr weiter, wächst er unter guten Bedingungen vermehrt in die Breite. Hat der Wilde Wein fast alle Stellen an der Wand erobert, klettert er auf der Suche nach freien Flächen manchmal auch abwärts. Im Herbst hängen seine jungen Triebe dann wie bunte Girlanden über den Türen und Fenstern.

Dreilappige Jungfernrebe an einer Mauer

Beliebte Sorten der Dreilappigen Jungfernrebe

‚Veitchii‘ ist der Klassiker unter den Sorten der Dreilappigen Jungfernrebe und wird sehr häufig angepflanzt. Die Sorte kann 8 – 10 Meter weit in die Höhe klettern.

‚Green Spring‘ ist ebenfalls eine beliebte Sorte und zeichnet sich durch seine größeren Blätter aus, die eine Länge von 20 bis 25 cm haben. Mit einer Wuchshöhe von 10 bis 20 Metern wird die Sorte deutlich größer.

‚Veitchii Boskoop‘ hat ein feineres Blattwerk und gehört mit einer Wuchshöhe von 6 bis 8 Metern eher zu den mittelstark wachsenden Sorten.

Selbstkletternde Jungfernrebe – Die Rebe mit den fünfteiligen Blättern

Selbstkletternde Jungfernrebe
Selbstkletternde Jungfernrebe

Ursprünglich stammt die Selbstkletternde Jungfernrebe (Parthenocissus quinquefolia) aus Nordamerika und ist bei uns als Gartenpflanze weit verbreitet. In der Oktobersonne leuchtet die Rebe in intensiven Orange-, Rot- oder Purpurtönen und bringt den Indian Summer in den Garten.

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Je sonniger, desto intensiver die Herbstfärbung
Der Wilde Wein ist generell sehr anspruchslos. Er wächst fast überall und kann an sonnigen bis halbschattigen Stellen und sogar im Schatten gepflanzt werden. Eine besonders farbenprächtige Herbstfärbung bildet er jedoch meist nur, wenn er einen Standort in voller Sonne bekommt.

Wilder Wein in der Herbstsonne
Wilder Wein und Gewöhnliche Waldrebe am Zaun

Im Vergleich zur klassischen Dreilappigen Jungfernrebe gibt es bei der Selbstkletternden Jungfernrebe einige Unterschiede. Das Laub von diesem Wilden Wein setzt sich aus fünf einzelnen Teilen bzw. Blättern zusammen. Ein weiteres Merkmal ist sein deutlich ausgeprägteres Höhenwachstum, weshalb er sich besonders gut zum Begrünen von schmalen und hohen Flächen eignet. Wie der Name schon verrät, benötigt auch dieser hübsche Wilde Wein keine Kletterhilfe, da er sich ebenfalls mit Haftscheiben an Mauern, Zäunen, Pergolen und Wänden fest verankert.

Beliebte Sorten der Selbstkletternden Jungfernrebe

Parthenocissus quinquefolia wird auch als Ursprungsart im Handel angeboten und verwandelt Zäune, Pergolen oder Terrassen in einen leuchtenden Blickfang. Obwohl diese Wildform ebenfalls 8 bis 10 Meter hohe Wände ohne Gerüst erklimmt, gelten ihre Kletterfähigkeiten im Vergleich zur Dreilappigen Jungfernrebe dennoch als weniger gut ausgeprägt.

‚Engelmannii‘ ist die bekannteste und wohl auch beliebteste Sorte der Selbstkletternden Jungfernrebe, da sie bessere Klettereigenschaften als die Wildform besitzt. Unter guten Bedingungen kann sie Wuchshöhen von 10 bis 12 Metern erreichen.

Wie stark ist so eine Haftscheibe eigentlich?

Der Wilde Wein setzt beim Klettern auf Klebstoff, mit denen er seine sieben bis neun Haftscheiben pro Ranke an der Wand befestigt. Wie stark die gerade einmal 3 mm kleinen Haftpads sind, ist wirklich erstaunlich. Beachtliche 600 g kann eine Haftscheibe tragen. Das entspricht etwa dem Gewicht eines Kohlkopfs oder von zwei mittelgroßen Süßkartoffeln. Entsprechend schwer sind sie später von den Oberflächen zu entfernen. Eher reißt beim Versuch den Wilden Wein abzuziehen die Ranke von den Klebepads ab oder der Putz kommt gleich mit runter.

Wilder Wein Dreilappige Jungfernrebe Haftscheibe
Die Haftscheiben des Wilden Wein sind sehr stark

Lebensraum für Tiere & Insekten – Der Wilde Wein steckt voller Leben

Grüne Wände aus Wildem Wein werten nicht nur Gärten und Städte auf, sondern schaffen auch Lebensraum für viele Tierarten. Unter seinem dichten Blattwerk finden Vögel einen idealen Nistplatz und ein abwechslungsreiches Nahrungsangebot aus Insekten und Beerenfrüchten. Sobald der Wilde Wein im Sommer seine unscheinbaren, gelb-weißen Blütenrispen öffnet, wird er von vielen Insekten rege besucht. Vor allem Bienen werden von den nektarreichen Blüten magisch angezogen.

Im Herbst herrscht am Wilden Wein erneut munteres Vogeltreiben. Drosseln, Rotkehlchen, Meisen, Elstern, Ringeltauben und viele weitere gefiederte Gartenbewohner machen sich nun über die blauen Beeren her. Unter Vögeln sind die Beeren des Wilden Wein ein begehrter Leckerbissen. Für Menschen sind die runden Früchte, die an kleine Trauben erinnern, wegen ihres hohen Oxalsäuregehalts allerdings ungenießbar und sollten nicht verzehrt werden.

Begrünte Hauswände wirken sich positiv auf das Raumklima aus

Wilder Wein an der Wand

Eine Fassadenbegrünung verbessert die Aufenthaltsqualität und bringt viele Vorteile für das Raum- und Stadtklima. In Städten wirken sich grüne Wände positiv auf das Mikroklima aus, indem die Pflanzen die Luft von Schadstoffen reinigen und Sauerstoff produzieren. Im Hochsommer sorgen Kletterpflanzen wie der Wilde Wein in überhitzten Städten durch Verdunstung für Abkühlung. Der Kühleffekt kann hierbei beachtlich sein. Während sich ungeschützte Hauswände im Sommer auf bis zu 60 °C aufheizen, erreichen grüne Fassaden nur maximal 30 °C. Die großen Blätter des Wilden Weins halten neben zu starker Sonneneinstrahlung auch Schlagregen ab. An Putzfassaden trägt er daher zum Schutz der Bausubstanz bei. Immergrüne Pflanzen dienen im Winter sogar als Wärmedämmung und können Sommer wie Winter zur Reduzierung von Lärm beitragen.

Kann der Wilde Wein Schaden an Gebäuden anrichten?

Fassadenbegrünung mit Wildem Wein

Häufig hört man, dass Kletterpflanzen Hauswände oder Dächer beschädigen können. Doch in wieweit trifft das eigentlich zu? Grundsätzlich richtet der Wilde Wein keine Schäden an Häusern an, solange die Fassaden intakt sind. Vor der Bepflanzung sollte die Hauswand daher auf Mängel untersucht und falls nötigt, zuerst saniert werden. Zu beachten ist auch, dass bei einer späteren Entfernung die Haftscheiben der Pflanze auf den Wänden zurückbleiben und sich nur schwer ablösen lassen. Die kleinen Haftscheiben beeinträchtigen allerdings nur die Optik.

Wilder Wein Dreispitzige Jungfernrebe an der Mauer

Die Flächen, an denen der Wilde Wein später empor klettern soll, dürfen außerdem keine Fugen, Spalten oder Ritzen aufweisen. Fassadenkonstruktionen, Verkleidungen oder Verplattungen dieser Art kann der Kletterkünstler leicht hinterwachsen und dadurch langfristig beschädigen oder durch sein Gewicht herunterreißen. Kleine Risse können ausreichen, damit die starken Triebe ins Mauerwerk wachsen und es im schlimmsten Fall einfach aufsprengen. Im Zweifelsfall ist zu prüfen, ob die Fassade von der Bauweise und Beschaffenheit her für eine Begrünung geeignet ist.

Einmal angepflanzt, kann der Wilde Wein bis zu 50 Jahre alt werden. Mit der Zeit wird die Pflanze allerdings immer größer und kann bis zu armdicke Triebe entwickeln. Damit der Mauerwein nicht die Fenster und Türen komplett überwuchert, muss er ab und zu geschnitten werden. Vom Dach und den Regenrinnen sollte man ihn ebenfalls unbedingt fernhalten, da er dort Schäden verursachen kann.

Der Wilde Wein am Zaun – Welcher Zaun ist geeignet?

Wer ihn an einem Zaun entlang wachsen lassen möchte, sollte darauf achten, dass dieser stabil genug ist. Im Laufe der Zeit wird die Kletterpflanze immer kräftiger und benötigt daher einen massiven Zaun wie zum Beispiel aus Aluminium oder Kunststoff, der ihr schweres Gewicht auf Dauer tragen kann. Dünne und leichte Maschendrahtzäune sind deshalb wenig geeignet und werden von der Wucht des Wilden Weins irgendwann umgeworfen.

Wilder Wein am Holzzaun
Wilder Wein klettert am Holzzaun entlang

Einen Holzzaun sollte man für ihn ebenfalls lieber nicht wählen und besser mit einjährigen Pflanzen begrünen. Das Holz muss in bestimmten Abständen gepflegt und mit einem Holzschutz versehen werden, damit es nicht verwittert. Hat der Mauerwein den Holzzaun erst einmal vollständig überwuchert, kann man die notwendigen Pflegearbeiten nicht mehr vornehmen. Wächst der Wilde Wein jedoch an einer geeigneten Fläche und bekommt hin und wieder etwas Pflege, bereitet er als anspruchslose und stadtklimafeste Fassadenbegrünung über viele Jahre Freude.

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