Die Tulpenmanie: Als Tulpenzwiebeln so teuer wie ein Haus waren
Die Vielfalt der Tulpensorten ist riesig und für nur wenige Euro bekommt man heute einen Beutel mit Tulpenzwiebeln zum Einpflanzen in den Garten. Kaum vorstellbar, dass es mal eine Zeit gab, in der Tulpen wertvoller als ein Gemälde von Rembrandt und die Ursache für einen der ersten Börsencrashs der Geschichte waren. Wie war das möglich?
Angefangen hatte alles in den Niederlanden während der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Schon damals erfreuten sich die Tulpen großer Beliebtheit. Unter Wohlhabenden waren seltene Tulpen ein geschätztes Sammlerobjekt. Daher züchtete man die bunten Frühblüher intensiv, um neue Tulpensorten mit tollen Farben oder Formen zu erhalten. Doch wie bei allen Pflanzen- oder Tierarten, wirkt sich eine intensive Zucht meist irgendwann negativ auf die Gesundheit der Arten und Sorten aus. So wurden auch die Tulpen bald anfällig für Viren.
Bei ihnen trat dabei ein ganz besonderes Virus auf, das als Tulip Breaking, Breeding Virus oder auch Tulip Mosaic Virus bekannt ist. Anders als man vielleicht vermutet, schädigt dieses Virus die Tulpen zunächst nicht, sondern bringt außergewöhnliche Blütenmuster bei den Tulpen hervor. Durch das Virus entstehen daher wunderschöne Blütenfarben und Muster, die unter Sammlern natürlich hoch begehrt waren.
In nur wenigen Jahren wandelte sich die Tulpe vom Lieberhaberobjekt zum Statussymbol der Wohlhabenden. Tulpen durften plötzlich in keiner Sammlung oder Garten fehlen. Es dauerte nicht lange, bis Tulpen zum Spekulationsobjekt wurden. Ein Hype um die Tulpen brach aus, der auch als das Tulpenfieber oder die Tulpenmanie bezeichnet wird. Die Leute zahlten horrende Preise für Tulpenzwiebeln. Bei Auktionen kamen einzelne Zwiebeln nach heutigen Wert für rund 25.000 € unter den Hammer.
Tulpendiebe machten die Runde und stahlen die begehrten Zwiebeln aus den Gärten der Leute oder entwendeten sie aus botanischen Gärten. Bald kauften nicht nur Reiche die Zwiebeln, sondern auch die breite Bevölkerung. Um die seltenen Tulpen zu kaufen, nahmen viele Schulden auf, veräußerten ihre Häuser und Grundstücke. Oft tauschten die Menschen ihr letztes Hab und Gut für eine der Tulpenzwiebeln, in der Hoffnung den großen Reichtum zu erlangen.
Bald war die Nachfrage an Tulpenzwiebeln größer als das Angebot. Dies ging so weit, dass man nicht mehr mit den Tulpen selbst handelte, sondern einfach nur noch die Anrechte an den Pflanzen verkaufte. Viele der Investoren konnten sich daher nicht einmal sicher sein, welche Tulpen sie kauften. Sie erwarben lediglich das Versprechen an Tulpen, die noch gar nicht existierten, da diese erst gezüchtet oder vermehrt werden mussten.
Im Jahre 1637 erreichte die Tulpenmanie ihren Höhepunkt. Mit ‘Semper Augustus’, einer seltenen Rembrandt-Tulpe mit rot-weißen Streifen, wurde ein Rekordpreis erzielt. Die Sorte ‘Semper Augustus’ gilt als die teuerste Tulpe der Welt und ist heute ausgestorben. Ihre wundervollen weißen rubinrot geflammten Blüten waren so begehrt, dass man nach heutigem Wert etwa eine Million Euro für diese Tulpe bezahlte.
Damals waren jedoch Viren und die Genetik völlig unbekannt und warteten noch auf ihre Entdeckung. Niemand ahnte etwas von einem Tulip Breaking Virus (TBV), das die einzigartigen Farben und Blütenmuster hervorrufe – mit fatalen Folgen. Die infizierten und kranken Tulpen wie ‘Semper Augustus’ konnte man nicht einfach züchten. Die Farben und Muster, die durch das Virus entstanden, waren bei jeder Zwiebel individuell und einzigartig. Hinzu kam, dass diese Tulpen höchstens nur noch ein oder zwei mal blühten und danach starben. Dadurch wurden die sündhaftteueren Tulpenzwiebeln wertlos.
Letzten Endes platzte die riesige Spekulationsblase mit den Tulpen. Von heute auf morgen brach der finanzielle Ruin über all jene herein, die für ein paar hübsche aber kränkelnde Blumenzwiebeln ihr gesamtes Hab und Gut investierten.