Wie betreiben eigentlich rotblättrige Pflanzen Photosynthese?
Das Chlorophyll verleiht bekanntlich den Pflanzen ihre grüne Farbe und macht die für unser Leben auf diesen Planeten so wichtige Photosynthese erst möglich. Das Laub von dem Japanischen Ahorn oder der Blutbuche ist allerdings auch im Sommer leuchtend rot – vom grünen Chlorophyll fehlt scheinbar jede Spur. Warum Bäume und andere Zierpflanzen trotz ihrer roten Blätter nicht durch Energiemangel verhungern, wozu Pflanzen überhaupt rote statt grüne Blätter bilden und wieso der Japanische Ahorn nur in der vollen Sonne die ganze Pracht seiner Rottöne entwickelt, erfährst in diesem Beitrag.
Vermutlich finden wir nirgendwo anders in der Natur eine so breite Palette von Grüntönen wie in der Pflanzenwelt. Schließlich gelingt es den Pflanzen erst durch den grünen Farbstoff Chlorophyll, den wichtigsten biologischen Prozess für das Leben auf der Erde zu betreiben – die Photosynthese. Pflanzen sind daher bekanntlich grün.
Doch beim Spaziergang durch den Park und in manchen Gärten leuchten hin und wieder zwischen den grünen Bäumen und Sträuchern plötzlich rotlaubige Pflanzenarten. Im Frühjahr ist dieses interessante Farbschauspiel am schönsten. Die roten bis purpurvioletten Bäume bilden dann vor dem jungen hellgrünen Laub der anderen Baumarten besonders tolle Farbkontraste. Feurig rot leuchten die Blätter in der Sonne an den malerischen Ästen des Japanischen Ahorns. An anderer Stelle zieht das tiefrote Laub der imposanten Blutbuche die Blicke auf sich. Im Blumenbeet wird die Buntnessel zum Hingucker, indem sie sich mit ihren gemusterten Blättern als rote Tupfen unter die Sommerblumen mischt.
Beim Anblick von Blutbuche & Co. scheint jedoch jede Spur vom grünen Chlorophyll zu fehlen. Manch einer fragt sich daher, wie diese hübschen rotlaubigen Bäume oder Zierpflanzen eigentlich Photosynthese betreiben. Wie sollen die roten Pflanzen nur ohne den grünen Farbstoff, dem Chlorophyll, das Sonnenlicht in Energie umwandeln, die sie für das Wachstum benötigen? Rotlaubige Pflanzenarten müssten doch im Grunde verhungern, wenn sie kein Chlorophyll hätten. Die roten Bäume und Sträucher gedeihen aber so prächtig wie ihre grünen Nachbarn. Der Grund: Unter ihrem prachtvollen roten Farbkleid sind der Japanische Ahorn oder die Blutbuche genauso grün wie alle andren Pflanzen. Das grüne Chlorophyll von dem Japanischen Ahorn wird lediglich durch ein rötliches bzw. blaues Farbpigment überdeckt.
Dabei handelt es sich um den pflanzlichen Farbstoff Anthocyanin, der auch z.B. den blauen Kornblumen, den Brom- und Himbeeren, Heidel- und Erdbeeren, Trauben oder Kirschen die jeweilige Farbe verleiht. Das Laub vom Japanischen Ahorn oder der Blutbuche enthält mehr von dem Farbstoff Anthocyanin als von dem Chlorophyll. Die grüne Farbe der Blätter ist dadurch einfach unter den Rottönen sozusagen „versteckt“.
Die Pflanzenwelt erscheint uns normalerweise grün, da die Pflanzen zur Photosynthese nur das rote und blaue Licht der Sonne verwenden. Das Licht im Bereich der grünen Wellenlänge hat für Pflanzen jedoch keinen Nutzen, sodass sie diese Lichtfarbe einfach reflektieren, wodurch wir sie in unseren Augen als grün wahrnehmen. Anders sieht es bei dem Pigment Anthocyanin aus. Dieser Farbstoff absorbiert das grüne Licht sehr gut, dafür jedoch das rote, blaue und violette Licht ziemlich schlecht. Pflanzen wie die Blutbuche, die reichlich von diesem Farbstoff enthalten, reflektieren daher die Lichtfarbe Rot besser und erscheinen uns dadurch in ihren prächtigen Rottönen.
Sind rote Blätter bei der Photosynthese genauso leistungsfähig wie grüne?
Obwohl das Laub des Japanischen Ahorns weniger Chlorophyll enthält, sind seine roten Blätter an sonnigen Tagen genauso leistungsstark wie die grünen Blätter der anderen Bäume. Sein rotes Laub enthält daher noch genug Chlorophyll, sodass er durch die Photosynthese ausreichend Energie aus dem Sonnenlicht gewinnt. An schattigen Standorten reicht die Leistung der kleineren Menge von Chlorophyll jedoch oft nicht ganz aus. Der Japanische Ahorn stattet dann seine roten Blätter, die sich im Schatten befinden, mit mehr Chlorophyll aus. Der Baum steigert dadurch die Photosynthese-Leistung seiner Blätter und erhält mehr Energie. Der höhere Chlorophyllgehalt lässt die Blätter jedoch sehr dunkel wirken. Die leuchtend roten Farben des Japanischen Ahorns kommen daher meist nur in voller Sonne zur Geltung. Doch wozu bilden Pflanzen überhaupt rote Blätter, wenn diese an schattigen Standorten bei der Photosynthese weniger effizient sind?
Pflanzen schützen sich mit roten Blättern
Pflanzen verwenden den roten Farbstoff häufig als Sonnenschutz. Dieses Phänomen lässt sich manchmal auch bei Zimmerpflanzen beobachten. Stellt man die Topfpflanze von dem Schatten auf das sonnige Fensterbrett, färben sich die Blätter nach einiger Zeit oft rötlich. Auf diese Weise schützt und gewöhnt sich die Pflanze an das höhere Lichtangebot. Dies ist in etwa vergleichbar mit unserer Haut, die in der Sonne braun wird. Die zarten Keimlinge und das frische empfindliche Laub vieler Pflanzen sind daher oft rötlich gefärbt. Bis die jungen Pflänzchen und Blätter kräftig genug sind, schützt das rote Pigment sie vor Sonnenschäden.
Die Blutbuche behält ihren Sonnenschutz dagegen so gut wie den ganzen Sommer lang, da ihr ein Enzym fehlt, der den roten Farbstoff in den jungen Blättern normalerweise einige Zeit nach dem Austrieb abbaut. Dadurch bleibt das Laub der Blutbuche auch den Sommer über rot und wird erst im Herbst etwas grüner.
Rote Blätter schützen allerdings nicht nur vor zu viel schädlicher Sonneneinstrahlung, sondern vermutlich auch vor Fressfeinden. Die rote Färbung könnte Insekten und anderen Pflanzenfressern als Warnung dienen, dass die Pflanze ungenießbar ist. Warum manche Pflanzen rote Blätter haben, ist allerdings bis heute nicht gänzlich erforscht. In der Pflanzenwelt gibt es daher noch viele Geheimnisse zu lüften.